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Schlossfestspiele Ettlingen: „Das Cabinet des Doktor Caligari“


Grandioser Meister des Grauens


Er hat das Fluidum des Verruchten und Verwerflichen, des satanisch Skrupellosen: Wenn das „Cabinet des Doktor Caligari“ eine große Attraktion hat, dann ist es der Hausherr selbst. Genauer: sein Darsteller, Jan Gebauer. Wenn er im Arztkittel seine Patienten als hilflose Opfer seines wahnsinnsgeladen Willens über die Bühne hetzt, mehr noch aber, wenn er als mörderisches Monster der Lust am Bösen mit giftigem Grinsen und bohrendem Blick dem Affen Zucker gibt, der auch Strychnin sein könnte. Ein grandioser Meister des Grauens…

…Überhaupt die Musik, die Toni Matheis und Raymund Huber für dieses lose komponierte Stück geschrieben haben: Sie überzeugt durch ihre differenzierte und vielseitige Klangsprache, die sich stellenweise an der Ästhetik des Tangos oder am expressionistisch gefärbten Ton von Kurt Weill orientiert. Vom elegischen Piano bis zum schwungvoll-fetzigen Gassenhauer ist da alles drin, und Enrique Ugarte, der eingangs mit einem melancholischen Akkordeonsolo auf den Abend einstimmte, sorgte mit seinem Orchester für eine angemessen vielseitige Umsetzung der Komposition. Das Piano wird liebevoll ausgelotet, die großen Nummern kommen mit Tempo und Aplomb, und am Ende heizen die Musiker den beherzten Applaus weiter an, der allen Beteiligten gilt – darunter nicht zuletzt Susanne Höhne als erotisch irrlichternde Jane, Klaus Siebers als standhafter Liebhaber Francis und Franz Frickel als somnambul gepeinigter Cesare.

Michael Hübl



Der neue Ettlinger Intendant
Jürgen Flügge eröffnet die Schlossfestspiele mit dem „Cabinet des Doktor Caligari“

Schauerstück mit schräger Musik

Ach, wie schaurig schön der Tod doch ist! Wie grazil und bleich tänzelt der hypnotisiete Cesare auf seine Opfer zu, wie düster und mit donnernder Stimme befiehlt der große Caligari über ihn!

Fast makellos und fast zu schön ist die Inszenierung des Schauspielmusicals „Das Cabinet des Doktor Caligari“, das bei den Ettlinger Schlossfestspielen nun Premiere hatte. Intendant Jürgen Flügge hat bei der Bearbeitung der alten Stummfilmvorlage Regie geführt…

„Ich brauche Menschenmaterial“
So tanzen sie durch das dezente Bühnenbild aus schlichten grauen Stoffbahnen und singen: „Das Leben ist Langeweile, und am Ende liegen wir in einer Kiste drin“. Tja, wäre da nicht Doktor Caligari, der diesen Jahrmarkt der Schaurigkeiten dirigiert sowie Ferdinand Grözinger in der Paraderolle des hinterhältig durchtriebenen Kommissars, der vorgibt, den Mörder zur Strecke bringen zu wollen und doch nur Komplize des Bosses Caligari ist.

Köstlich sind kleine Szenen, in denen der (natürlich schwarz gekleidete) Kommissar die Leiche von Alan seziert (was nur als Schattenspiel zu sehen ist) oder mit dem Regenschirm als Universalwaffe Täter und Opfer in die Enge treibt.

Die schaurig-schöne Jahrmarktsmusik, die das Sterben, das Intrigieren, das Hypnotisieren, schließlich den Schwanengesang des Doktor Caligari begleitet, haben Toni Matheis und Raymund Huber geschrieben. Ein Chor von Irren huscht mal hier, mal da über die Bühne, während Enrique Ugarte seinem Akkordeon schräge und beklemmende Töne entlockt, um Sekunden später seiner Band den Einsatz zu heiter-beschwingtem Vaudeville zu geben…

Matthias Kehle